Exhibition
in Baden / Switzerland
- Beat Zoderer und Hannah Parr: Model Behavior, 2023, Ausstellungsansicht Kunstraum Baden, Switzerland
- Beat Zoderer und Hannah Parr: Model Behavior, 2023, Ausstellungsansicht Kunstraum Baden, Switzerland
- Beat Zoderer und Hannah Parr: Model Behavior, 2023, Ausstellungsansicht Kunstraum Baden, Switzerland
- Beat Zoderer und Hannah Parr: Model Behavior, 2023, Ausstellungsansicht Kunstraum Baden, Switzerland
Hannah Parr (1985) und Beat Zoderer (1955) trennen 30 Jahre. Er ist einer der renommiertesten und auch international erfolgreichen Künstler der Region, sie stammt aus Grossbritannien und steht am Anfang ihrer Karriere. Ihr Interesse an alltäglichen Materialien, Systematik und Serialität verbindet sie. Hannah Parr, Beat Zoderers Ateliernachbarin und hin und wieder auch seine Assistentin, ist in den letzten Jahren verschiedentlich aufgefallen. Ihre Objekte vermengen solide Handwerklichkeit mit Glamour, seine Objekte machen gewöhnliche Alltagsstoffe zur Kunst. Auf Einladung des Kunstraums werden sie gemeinsam eine Ausstellung erarbeiten, in der beide Ansätze Raum erhalten, einander ergänzen und Reibungsenergien erzeugen können.
Es ist eine der Spezialitäten des Kunstraums, bestandene Kunstschaffende einzuladen, ausgetretende Pfade zu verlassen und vor Ort, im und für den Ausstellungsraum neue, experimentelle Werkschritte auszuarbeiten. Im Fall von Beat Zoderer geht es um eine Einladung zu einer Doppelausstellung mit der um rund 30 Jahre jüngeren Künstlerin Hannah Parr.
Seit 2019 sind die Britin Hannah Parr und der Schweizer Beat Zoderer Nachbarn im Atelierhaus in der Alten Spinnerei in Wettingen. Hannah Parr arbeitet hin und wieder als Beat Zoderers Assistentin. Trotz eines Altersunterschieds von 30 Jahren, haben die beiden eine ganze Reihe von konzeptuellen und gestalterischen Interessen gemeinsam. Zum Beispiel teilen sie das Interesse am Verhältnis vom Grossen zum Kleinen, am Zusammenspiel von grösstmöglicher Komplexität mit maximaler Einfachheit, dem Hantieren mit Partitur und Systematik. Hinzu kommt die Liebe zum Handwerklichen, die Freude an der Arbeit mit bestehenden Materialien, an der Demontage und anschliessenden Remontage von Werten und Funktionen.
Der Unterschied betreffend Umgang mit Materialien und Werkvorstellungen hat mit den Jahrgängen und der Verwurzelung in unterschiedlichen kulturellen Kontexten zu tun. Beat Zoderer ist unübersehbar mit der Tradition der schweizerischen konstruktiven Kunst verbunden, deren Grenzen er durch sein ausgeprägtes Interesse an Alltagsmaterialien sprengt. Hannah Parr, die 30 Jahre jünger und in Grossbritannien aufgewachsen ist, geht noch einen spielerischen Schritt weiter, indem sie ihre aus Alltagsmaterialien konstruierten Objekte vermeintlich wieder dem Alltag zurückgibt. Während Beat Zoderer klassische Objektbilder oder Skulpturen baut, schafft Hannah Parr Tische, Betten oder Erste-Hilfe-Kästen. Ihre aus Dachlatten gebauten Bilder sind eine Art Gemälde aus zweiter Hand, zusammengefügt aus zersägten, ehemals rotweiss gestreiften Bausperren. Die abstrakten Formen auf diesen Mosaik-Bildern sind Formeln für eine nie stattgefundene Gestik, ebenso wie der oft verwendete blonde Haarschopf – egal ob Pferdeschwanz oder Frauenmähne – als Verweis auf eine Sexiness gelesen werden kann, die sich als Fetisch ohne den dazugehörenden Körper artikuliert.
Beat Zoderer hat für diese Ausstellung einen retrospektiven Querschnitt durch sein gesamtes Schaffen (1986 bis 2022) zusammengestellt. Zu entdecken sind frühe figurative Arbeiten, die sich unverkennbar im Echoraum der Zürcher Jugendunruhen bewegen. Geometrisch strukturierte Objekte aus gefundenen Materialien bilden schliesslich die Überleitung zu einer selbstreferenziellen Sprache, in der Geometrie und Alltag mit Souveränität, Leichtigkeit und Humor miteinander verschmelzen.
Als Titel für ihr gemeinsames Projekt haben die Kunstschaffenden den Begriff ‘Model Behavior’ gesetzt. Der Begrifft entstammt dem Artikel des Architekturtheoretikers Christian Hubert, der 2020 in der New Yorker Architekturzeitschrift “Log” erschienen ist. Dem Begriff ‘Model Behavior’ sind mehrere Bedeutungen implizit. Versteht man das Wort ‘model’ als Verb, übersetzen wir ‘Verhalten modellieren, vorhersagen oder ermöglichen’. Verstehen wir das Wort ‘model’ als Adjektiv, dann sind wir beim vorbildlichen Verhalten. Damit assoziierten wir die Frage, wie vorbildliches Verhalten ermöglicht werden kann. In der dritten Lesart übersetzen wir das Wort ‘model behaviour’ als Verhaltensmodell.
Hannah Parr kam 1984 in Bournemouth zur Welt. Nach einer Ausbildung zur Grafikdesignerin am Central Saint Martins College of Art and Design in London machte sie in Berlin ihre ersten Schritte als bildende Künstlerin. Es folgte ein Artist-in-Residence-Aufenthalt in der Dominikanischen Republik. Danach kam sie nach Zürich, wo sie ihre Ausbildung an der ZHdK 2020 mit einem Master abschloss. Sie lebt und arbeitet in Zürich, Wettingen und Berlin. Ausstellungen u.a. im Aargauer Kunsthaus, Eck in Aarau, Haus Konstruktiv, Last Tango, Zürich, Sexauer Gallery, Berlin.
Beat Zoderer kam 1955 in Zürich zur Welt. Nach einer Lehre als Hochbauzeichner arbeitete er von 1971-78 in Architekturbüros. Seit 1979 arbeitet er als selbständiger Künstler. Zwei Studio-Stipendien der Stadt Zürich für Genua 1986 und New York im Jahr 1988 folgten auf Stipendien der Stadt Zürich. 1995 erhielt er den Manor Art Prize und 1998 eine Auszeichnung der Max Bill/Georges Vantongerloo Foundation, Zumikon. Zu seinen aktuellsten Einzelausstellungen gehören “Visuelle Interferenzen” 2021 in der Kunsthalle Weisshaupt in Ulm und “Less and More” 2022 im Museum Voorlinden im niederländischen Wassenaar. Beat Zoderer lebt und arbeitet in Wettingen.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Stanley Thomas Johnson Stiftung und der Josef und Margrit Killer-Schmidli Stiftung. Das Jahresprogramm der städtischen Institution Kunstraum Baden wird durch Beiträge des Aargauer Kuratoriums und der Gemeinde Ennetbaden möglich gemacht. Vielen herzlichen Dank!
Öffnungszeiten Mi – Fr 14 – 17 Uhr, Sa/So 12 – 17 Uhr
Ausstellungsdauer 02.09. – 22.10.2023
Location:
Kunstraum Baden
Haselstrasse 15 (Eingang Güterstrasse)
5400 Baden
Switzerland