Exhibition

in Zürich / Switzerland
28.09.2016 - 14.10.2016 17:00 - 19:00
Corina Rüegg - X_RAY, 4.0

Es ist ein lang gehegter Wunsch von Corina Rüegg, Filmbilder über die Wand laufen zu lassen und den Film mit Hilfe einer Gegenbewegung quasi zum Stillstand zu bringen, ähnlich dem Wagenrad im Western, dessen Speichen sich im Film optisch zurückdrehen.

Im KunstRaum R57 findet nun eine Premiere dieses Filmexperiments statt, in dem der kleine Roboter Thymio im Huckepack mit dem Video-Projektor Qumi auf einer programmierten Bahn durch den Raum fährt und auf die umliegenden Wände Bildwelten wirft. Die Videobilder erhalten einen schwebenden Zustand, indem sie sich auf der Wand fortbewegen, wobei durch die Bewegung von Thymio der laufende Bildinhalt gleichzeitig zum Stillstand gezwungen wird. Der Roboter und der Projektor stehen also im Wiederspruch zueinander. “X-RAY, 4.0” unterschiedet sich von bisherigen bewegten Video Bildern dadurch, dass der Fokus des Betrachters auf dem Bild als Fenster auf der Wand liegt; die so generierten Videofenster werden damit Teil der architektonischen Hülle des KunstRaum R57.

Video Experiment/ Flüchtige Bilder
Zunächst ist nicht viel zu sehen im kleinen KunstRaum R57 an der Röschibachstrasse. Es gibt nur 3 relativ kleine Bilder in diesem Raum: Ein Videobild, ein Videostill und ein Monitorbild. Der Blick tastet sich nach dem fahrenden Videobild. Die Bild-Fenster öffnen und schließen sich wieder. Die Länge der Sichtbarkeit hängt ausschließlich von ihrer eigenen Dauer und dem Modus der Beschleunigung ab. In den Videos spiegelt sich eine vordergründig “normale” Welt. Alltägliche Szenen vermischen sich mit quasi abstrakten Pixelgebieten, die sich beim näheren Hingucken zu einem gruseligen Spinnweben Kabinett wandeln können. Das genaue Hingucken wird jedoch zur Herausforderung, da sich bei diesem Videoexperiment das Bild selber durch den Raum bewegt und zwar so, wie Virilio* den Blick aus dem fahrenden Zugfenster den Verschiebungseffekt der hintereinander liegenden Landschaftsschichten durch die Tiefenwirkung beschreibt. Nur ist es bei “X-RAY, 4.0” umgekehrt: Hier wird das “aus dem Fenster gucken” zum Hereinschauen, als würden alle Bilder hinter der Mauer darauf warten, endlich ins sichtbare Blickfeld zu gelangen. Projektion ist hier kein Kino, der Betrachter muss dem Bild nachlaufen, um es zu sehen. Das erschwert die Wahrnehmung: Sichtbares und Unsichtbares sind mal schnell und mal sehr langsam unterwegs. Dann ist plötzlich diese Hundeschnauze, haarscharf an der Bildkante, dann wieder öffnet sich das nächste Bild Fenster mit neuem, überraschenden Inhalten, in very slow motion und wir landen unterirdisch im Kellergewölbe oder im Stall bei den Wiederkäuern. Gleich danach wird man Zeuge des irrsinnig schwierigen Unterfanges, eine Tasche vom einen Bildrand zum andern zu schleppen. Die Bewegung wird so langsam, weil das Duo Roboter Thymio und der Projektor Qumi zuweilen dieselbe Geschwindigkeit aufweist, mit der das Taschen-Ziehen gefilmt wurde. Die Langsamkeit des Tastens der Pixel über die Mauer reicht fast bis an die Schmerzgrenze des Filmbildes, bis zum Stillstand. Genau diesem widmet sich dieses Videoexperiment. Das Bild schleppt sich durch den Raum wie die Dehnung der Zeit bei der Anfangszene im Film “Spiel mir das Lied…”.

Auch der Ton ist nur manchmal wahrnehmbar, wie wenn man an der offenen Tür eines Restaurants vorbeigeht und sich das Stimmengewirr kurzfristig auf die Strasse entleert. Manchmal scheint der Roboter Thymio unter der Last zu ächzen und manchmal hört man Stimmen, die etwas sagen, aber im Grossen und Ganzen sind es nur unzusammenhängende Wortfetzen. Die Flüchtigkeit von Bild und Ton sind bei dieser Arbeit Programm. Lauter Fragmente und nichts ist von Dauer.

Die in Indien geborene und zwischen Zürich und Nizza lebende Künstlerin gründete 2005 ihr Atelier für Kunst und Landschaft. Seither beschäftigt sie sich nicht nur mit den aktuellen Fragen und Belangen des öffentlichen Raumes und entwirft Projekte (u.a. Himmelstreppe), sondern sie erforscht entlang der Entwicklung der Medien und in Bezug zum Thema 4.0 auch die räumlichen und zeitlichen Dimensionen von bildnerischen Oberflächen als Orte flüchtiger Realität.

*Der Medientheoretiker Paul Virilio macht in seinem Aufsatz “Fahrzeug” auf einen bedeutenden Aspekt des beschleunigten Sehens aufmerksam. Er vergleicht die Flüchtigkeit der Wahrnehmung aus einem fahrenden Wagen heraus mit den immateriellen, flüchtigen Bildern des Mediums Film. Je nach Grad der Beschleunigung des Transportmittels verändert sich die Deutlichkeit des vorbeiziehenden Bildes, ähnlich wie bei einem Projektor, der Bilder vor den Augen des Zuschauers in Hochgeschwindigkeit ablaufen lässt. Die Geschwindigkeit trägt so dazu bei, dass wir die Welt in Distanz zu uns wahrnehmen, dass Materialität und Körperlichkeit sich auflösen – die Dynamisierung von Bewegung findet nicht mehr im realen Raum, sondern im Bild statt. (zit. Sonja Claser: Ausstellung “High Speed, Slow Motion”, Potsdam 2011)

Die Künstlerin ist an der Vernissage und jeweils am Freitag in der Ausstellung anwesend.

Der KunstRaum R57 wird unterstützt durch: Kanton Zürich Fachstelle Kultur / Migros Kulturprozent

Öffnungszeiten Mi-Sa 17 – 19 Uhr

www.r57.ch
www.likeyou.com/corinaruegg

Location:
KunstRaum R57
Röschibachstrasse 57
8037 Zürich
Switzerland

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