Exhibition

in Zürich / Switzerland
28.08.2015 - 13.11.2015 11:00 - 18:00
Cornelia Kaufmann & Samuele Gabai - line-up #7

Was, wenn die Sehnsucht dazu aufruft, sicher scheinende Gestaden zu verlassen? Und die Hoffnung in Gestalt einer Galionsfigur aus dem tiefen Wasser emporsteigt, nur um jenes Unterfangen anzuschieben, kindliche Ängste und daraus erwachsene Verzweiflung hinter sich zu lassen? Dann wird es Zeit, innezuhalten. Ja, der Versuchung zu widerstehen, sich von Cornelia Kaufmanns Bildern nicht nur auf verwunschene, unberührbare Pfade entführen zu lassen, sondern sie allzu detailliert auf die Seelenlandschaft der Protagonistin zu projizieren. Viel spannender nämlich ist es, die in zauberhafte Farbenwelten eingetauchte Mystik und Poesie der Künstlerin zur eigenen, aufwühlenden Entdeckungsreise zu machen.

Und doch lässt sich die neuste Schaffensperiode Cornelia Kaufmanns nachgerade unter dem Aspekt ihrer Biografie als Mensch und als Malerin besser verstehen. So muten ihre jüngsten Werke allgemein um einiges ruhiger an. Dereinst aufreizend gesetzte Signalfarben weichen einem eher sanften, ästhetisch ins Gesamtbild eingepassten Farbteppich. Die Artefakte verlieren dadurch an Bedrohlichkeit. Sie wirken plastischer, beinahe harmonisch. “Ich befasse mich heute tatsächlich mehr mit dem Hintergrund meiner Bilder”, sagt Cornelia Kaufmann. Dass ihre Figuren dadurch vordergründig etwas an Kolorit verlieren, scheint sie nicht zu stören. Denn in ihren Rücken wächst etwas Neues. Es ist die Zuversicht, welche die Hauptdarsteller zu umgarnen beginnt und die Erzählungen in einem anderen, vielleicht positiveren Licht erscheinen lässt.

Vorbei sind die Zeiten, in denen Cornelia Kaufmann vorzugsweise Franz Kafkas unvollendete Werke als Vorlage märchenhaft entrückter Bleistiftzeichnungen dienten und ihr emotionaler Strich vorwiegend von Gefühlen der Unsicherheit oder des Ausgeliefertseins geführt wurde. “Oft träumte ich Ähnliches, wie es Kafka in seiner Parabel “Das Schloss” erzählt”, kommentierte die Künstlerin ihr frühes Schaffen, das in einer viel beachteten Künstlermappe dokumentiert ist (1989). Noch heute bedient sich die Artistin spontan der Bleistiftskizze, um aufschäumende Gefühlseruptionen einzeln abzuarbeiten. Erst später fügen sich die Impressionen zum konzertierten, in lautmalerischen Ölfarben gehaltenen Gesamtbild. Um sich während dieser stets aufwühlenden Entstehungsphase etwas zu entspannen, arbeitet Kaufmann gerne zwischendurch auch an kleineren Landschaftsbildern. Aus ihnen wiederum spricht eine Sehnsucht, die Robert Walsers Motiv des Nächtlich erleuchteten Fensters nicht trefflicher hätte beschreiben können: “Die Luft war von süsser, melodischer Kühle erfüllt. Der Himmel warf goldene Gluten in das Dickicht hinein (…). Der Duft der Walderde bezauberte mir die Seele, und ich vermochte, benommen und beklommen wie ich war, nur langsam, ganz langsamen Schrittes vorwärts zu gehen.”

So romantisch und anmutig solche Anspielungen aus der Literatur den Betrachter auch immer umschmeicheln, so jäh muss dessen Versuch scheitern, aus Cornelia Kaufmanns Bildergeschichten eine heile Welt herauszulesen. Zu verstörend sind die Enthüllungen der handlungstreibenden Figuren. Zu eindringlich wirken die Motive, in denen die Ambivalenz zwischen Angst und Grauen, Glück und Wut oder Geborgenheit und Entfremdung oszilliert. Einem zyklischen Bewusstsein der Künstlerin gehorchend, scheinen sie aus einem Bodensatz von Urbildern unablässig an die Oberfläche zu drängen. “Für Cornelia Kaufmann ist das Malen eine zwingende Notwendigkeit”, beschreibt Ute Ben Yosef die jüdische Künstlerin erstmals anlässlich ihrer Ausstellung in der Zürcher Galerie Anita Dosch (1992). “Wie ein Medium gehorcht sie ihrer inneren Stimme”, so die Journalistin weiter, “die Bilder sind dann nicht mehr individueller Ausdruck, sondern erheben sich auf die Ebene der kollektiven Gültigkeit.”

Mögen die Arbeiten Cornelia Kaufmanns auch noch so sehr von ihrer Biografie gezeichnet sein: Latent lauert die Gefahr, den Werken zu viel Pathos anzudichten. Dieses Phänomen würdigt der Kunstkritiker Fritz Billeter an der Vernissage im Wettinger Gluri-Suter-Huus (1999) wie folgt: “Das Surreale bei Cornelia Kaufmann kann uns befremden, überraschen, verzaubern, aufmerksam werden lassen. Aber es springt gnädig mit uns um. Es entreisst uns nicht die letzten Sicherheitsplanken”. Da werde keineswegs eine naive Huldigung an irgendeine schöne Landschaft evoziert. Vielmehr bedürften diese Bilder keiner Deutung. “Zu verspielt und vernetzt sind sie, mal heimlich bis unheimlich. Aber kaum je bedrohlich”, fügt Billeter an.

Man darf gespannt sein, wohin uns Cornelia Kaufmanns märchenhafte Bilderwelten in Zukunft noch überall geleiten werden. Und könnte man bei der Künstlerin anheuern, man würde mit ihr die Segel setzen und in stürmische, bestimmt gefährliche Gewässer stechen. Oder dann doch lieber in ruhigere? Dies, so haben uns ihre Arbeiten gelehrt, ist jedem Betrachter, jeder Betrachterin letztlich selbst überlassen.

Text: Daniel Droesch

Samuele Gabai

Die Arbeiten aus dem jüngeren Schaffen von Samuele Gabai, die im Rahmen dieser Ausstellung erstmals gezeigt werden, machen auf eindrückliche und überzeugende Weise eine Entwicklung anschaulich, die sich im Werkverlauf bereits seit einigen Jahren konsequent in der Malerei des Künstlers abzeichnet. Ausgangspunkt für Gabais Malerei ist die eingehende Betrachtung der Natur beziehungsweise des Menschen. Aus dieser konkreten Inspirationsquelle mit ihrer immensen Vielfalt unterschiedlichster Stofflichkeit und Eindrücke schöpft er sein bildnerisches Vokabular. Dabei geht es ihm nicht um eine mimetische Übersetzung äußerer Eindrücke, vielmehr folgt er intuitiv einer instinktiv-empathischen Wahrnehmung, die sich in einer abstrahiert-assoziativen Wiedergabe des Motivs niederschlägt.

Eines wird dem Betrachter in der Auseinandersetzung mit Gabais Bildern rasch gegenwärtig: Die Bilder beanspruchen für sich keine Finalität, keinen endgültigen Zustand. Vielmehr verharren diese gewissermaßen auf einer Schwelle, in einem Status des Überganges und des Werdens und evozieren damit eine dynamische Direktheit und Offenheit.

Dass diese Bilder über einen längeren Zeitraum entstehen und letztlich zu gemeinsamen Bildgruppen arrangiert werden, bringt nicht nur den Faktor Zeitlichkeit als einen zentralen Punkt in diesen Schaffenskosmos mit ein, dieses Vorgehen zeugt auch von der Konsequenz, mit der sich der Künstler einem Thema verschreibt und dieses mit einem sinnlichen wie wissenden Blick erkundet.

Wird sich der Betrachter dessen bewusst, zeigt sich, dass die Motive keineswegs zufällig gewählt sind. Alle haben sie mit dem Kreislauf des Lebens zu tun. Und wie sich Leben malerisch überzeugend darstellen lässt, veranschaulichen Gabais Werke mit jedem Pinselstrich.

Text: Invar-Torre Hollaus

Öffnungszeiten Di-Fr 11 – 18 Uhr, Sa 11 – 14 Uhr (3. – 25.10.2015: Do/Fr 13 – 18 Uhr, Sa 11 – 14 Uhr)

www.jedlitschka-gallery.ch

Location:
Jedlitschka Gallery
Seefeldstrasse 52
8008 Zürich
Switzerland

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