Exhibition

in Solothurn / Switzerland
27.01.2018 - 08.04.2018 00:00
Judith Albert und Anne Sauser-Hall - continuo

Die in Zürich lebende, aus der Innerschweiz stammende Judith Albert (*1969) und die Genferin Anne Sauser-Hall (*1953) teilen sich eine Doppelausstellung. Das Medium Video und die Vorliebe für Zitate aus der Kunstgeschichte bilden die Brücke zwischen den beiden Künstlerinnen, die sich in Herkunft wie Alter unterscheiden und erst im Vorfeld der Ausstellung kennen gelernt haben. Die individuellen Werkgruppen werden denn auch nicht gemischt, sondern auf je einen Parterre-Flügel konzentriert: Im Ostflügel ist die Auswahl von Anne Sauser-Hall, im Westflügel diejenige von Judith Albert zu sehen. Daraus resultieren zwei Einzelausstellungen, die als Überblick des jeweiligen Schaffens angelegt sind und auch erstmals präsentierte Werke einschliessen. Über die unterschiedlichen Formen der Aneignung, der vieldiskutierten Appropriation, ergibt sich ein anregender Dialog.

Ausgangspunkt der Ausstellung ist das Schaffen von Judith Albert, das in Solothurn durch zwei Werke bekannt ist: durch die Videoarbeit “Peperoni (d’après Vallotton)” von 2009, die zur Sammlung des Kunstmuseums Solothurn gehört und sich auf das berühmte Vallotton-Stillleben derselben Sammlung bezieht, sowie durch die 2012 realisierte Chorraum-Gestaltung der Solothurner St.-Ursen-Kathedrale mit dem an “L’ultima cena” von Leonardo da Vinci erinnernden Altar aus weissem Marmor. Die Langsamkeit und Einfachheit, die alle von Judith Alberts Videofilmen auszeichnen, verleihen ihnen einen fast meditativen Ausdruck, bei dem es um die Zeit an sich geht. Bewusste Störungen verhindern ein Versinken. Im Film “mare mosso” (2015) wird etwa neben den gleichmässig rauschenden Klängen des Meeres das unangenehme Geräusch von reissenden Papierbögen hörbar. Die Blätter, auf denen eine Strandszene als Projektion erscheint, werden kontinuierlich angerissen, sodass sie sich wellenartig aufwerfen und die schöne Illusion brechen. Bei den gefilmten Aktionen werden sehr oft die Hände der Künstlerin sichtbar: So zauberhaft viele Videos von Judith Albert wirken, mit Bedacht lässt sie uns “hinter die Kulissen” schauen.

Zitiert Judith Albert oft Félix Vallotton, hat sich Anne Sauser-Hall wiederholt mit dem Schaffen von Edouard Manet beschäftigt, u.a. im Video “Le chemin de fer (d’après Manet)”, 2002. Die Künstlerin lässt darin nicht nur ein wirkliches Mädchen als Rückenfigur auftreten, sondern baut als Bühnen- Element auch eine eiserne Schranke, hinter der sich statt der Schwaden einer Lokomotive die blosse weisse Wand zeigt. In diesem “Tableau vivant” steht die Vorstellungskraft des Publikums im Zentrum: Kunst und Künstlichkeit, Realität und Vorstellung werden spannungsvoll aufeinander bezogen. Bei “L’homme mort (d’après Manet)”, 2003 wird angesichts des gespielten toten Matadors die Statik eines Bildes und Toten dialektisch gegen die bewegten Bilder eines Films gestellt; zugleich motiviert uns das “falsche” Bild zu äusserster Konzentration: Sehen wir den Schauspieler atmen? Anne Sauser-Hall, von der auch einige minimalistisch anmutende Skulpturen zu sehen sind, motiviert mit ihren handlungsarmen Videos die Gabe der Differenzierung. Im Video-Loop “En sueño #1 (d’après E. Guevara en el Balcón)”, 2012, der eine Balkon-Szene zeigt, glauben wir vorerst, immer demselben jungen Mann zu begegnen, zu dem ein Foto von Che Guevara das Vorbild lieferte. Auf dem Rücken ausgestreckt, sucht der Asthmatiker freieres Atmen. Die langsamen Kamerafahrten zwischen Balkon und Himmel mögen sein Ein- und Ausatmen verbildlichen. Mit jedem Kameraschwenk liegt auf dem gleichen Balkon und in denselben Kleidern aber ein anderer Mann. Einfühlung und Verkörperung lassen dem einzigen fotografischen Vorbild eine Vielzahl von filmischen Nach-Bildern folgen.

Sowohl Judith Albert wie Anne Sauser-Hall stellen in ihren Werken existenzielle Fragen, mit denen die Vergänglichkeit thematisiert und am Zitat manifestiert wird. Zugleich aber ist das Zitat als Instrument eines bewussten Wieder-Holens etwas sehr Lebendiges. Mit der Wahl des Films als Medium bauen Anne Sauser-Hall und Judith Albert auch inhaltlich auf ein Kontinuum. Auf dieses verweist der gemeinsame Ausstellungstitel “continuo”. Anlässlich der Ausstellung erscheint zu beiden Künstlerinnen eine Einzelpublikation im Verlag für moderne Kunst, Wien.

Christoph Vögele

Öffnungszeiten Di-Fr 11 – 17 Uhr, Sa/So 10 – 17 Uhr, Montag geschlossen

www.kunstmuseum-so.ch

Location:
Kunstmuseum Solothurn
Werkhofstrasse 30
4500 Solothurn
Switzerland

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