Exhibition

in Biel/Bienne / Switzerland
02.07.2017 - 03.09.2017 12:00 - 18:00
Marie José Burki - Where was I born and what is my name

Die international anerkannte Künstlerin Marie José Burki (*1961, CH; lebt und arbeitet in Brüssel) beleuchtet in ihrer ersten umfangreichen Retrospektive die Beziehungen zwischen Bild, Sprache, Narration, Identität und Zeit. Mit Video und Fotografie hinterfragt und entschlüsselt sie visuelle Codes von Bildern, die uns tagtäglich umkreisen und unsere Interpretation der Welt beeinflussen. Ihre Videos zeigen das scheinbar Unspektakuläre – wir sehen eine junge Frau, die in der Sonne liegt, oder Leute beim geselligen Picknick. Es sind in der Zeit aufgehobene Momente, flüchtige Eindrücke einer immerwährenden Gegenwart. Zweifel an der dargestellten Wirklichkeit nährt Marie José Burki geschickt durch die unterlegten Tonspuren und dramaturgischen Strukturen. Ihre reduzierte Bildsprache vermittelt auf nüchterne, ironische, gar komische Weise ein Gefühl für die verborgenen Zusammenhänge. In der Künstlichkeit der Bilder gefangen, ermöglichen uns die Protagonisten schliesslich, unsere Rolle irgendwo zwischen Komplize und Voyeur zu erfahren. Ihre neuste Videoarbeit “Un chien sur la route, au passage du promeneur” (2017), die unter anderem für das Kunsthaus Pasquart entstand, rundet die Werkauswahl aus zweiundzwanzig Jahren ab.

Mit ihrer fotografischen und filmischen Handschrift untersucht Marie José Burki Aspekte wie Dauer und Bildgegenstand und fragt, wie sich angesichts vergehender Zeit die Identität von Lebewesen und Dingen erfassen lässt. Die Videoinstallation “Un chien sur la route, au passage du promeneur” zeigt in einer Abfolge von Nah- und Weitwinkelaufnahmen auf drei Projektionsflächen eine junge Frau in Innenräumen. Teilnahmslos verweilt sie in einer abwartenden Pose, ohne sich von den ebenfalls projizierten Bildern urbaner Landschaften aus der Ruhe bringen zu lassen. Der Wechsel zwischen Innen und Aussen evoziert einen unbestimmbaren Moment zwischen Untätigkeit und Bewegung, stillstehender und verstreichender Zeit. Marie José Burki geht es jedoch nicht darum, eine Frau zu porträtieren. Die Protagonistin stellt vielmehr eine Abstraktion dar, einen Punkt, den die Ereignisse der Welt durchlaufen. Im Verlauf des Videos wird die Identität der Frau immer unwirklicher. Die Ungewissheit, ob es nun eine oder mehrere sind, überträgt sich auf unseren Blick, der langsam die Orientierung verliert. Es werden Ohren und Augen angesprochen, wenn Marie José Burki verschiedene Ebenen des Hörens verknüpft und den Ton die Bilder dominieren lässt. Letztlich formieren sich die drei Videos zu einer Einheit und präsentieren sich wie eine Studie über Alltagsdetails, ohne dabei eine Geschichte erzählen zu wollen.

Im Film “Grosse kleine Welt” (2013) verknüpft Marie José Burki Sprach- und Bildebene, indem sie Videosequenzen mit der Erzählung Robert Walsers gleichnamigem Roman verbindet. Die Stimme im Off liest aus Walsers Buch und schildert sein Durchstreifen des Heimatlandes, das sich entgegen aller Erwartungen in unveränderter Frische zeigt. Die dokumentierte Wirklichkeit im Video liegt allerdings im Widerspruch zur beschriebenen Idylle und zeigt eine triste Situation bürgerlicher Wohnhäuser in einer Talsohle. In der Überlagerung zwischen der Unmittelbarkeit des Bildes und der Sprachebene, die einen fernen, poetischen Raum eröffnet, entwickeln sich Spannungen, die charakteristisch für Marie José Burkis Videos sind.

In der Ausstellung vertretene Fotografie-Diptyche wie “Sans titre” (NYC) (2004) erhaschen einen Augenblick, in dem zwei fast identische Ausschnitte Personen oder Szenen zeigen, zwischen denen ein minimes Zeitintervall liegt. Die Fotografie, die als ein Medium gesehen werden kann, welches unsere Welt erfasst, wird hier zum Instrument, das unsere Gegenwart als eine Fülle von Momenten untersucht, die im Entstehen und gleichzeitigen Zerfallen ruhen. Die Werke “Sans titre” (2016) und “Ici et là” (2016) befragen die Diskrepanz zwischen Erscheinen und Entschwinden. Der Blick ist hier angehalten, das Bild zu untersuchen, es in alle Richtungen zu durchstreifen. Dabei erscheint das dargestellte Motiv der Blumen geradezu banal. Als Kontrast zu den dunklen Fotografien hat die Künstlerin die zwei sehr hellen Bilder “Sans titre” (Ostende) (2016) und “Sans titre” (White Sand) (2016) geschaffen. An der Grenze des Sichtbaren verschwinden hier die abgelichteten Körper im Weiss. Sie werden zu Geistern, die sich in der Fläche des Papiers verlieren.

Arbeiten auf Papier haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und ihren untergeordneten Status als Experimente und Vorbereitungsskizzen für Videos verloren. Den Frottagen “Sans titre” (1999 – 2014) liegen Fotografien ihrer Tochter zu Grunde. Während die Fotografien nass sind, legt die Künstlerin Papier darauf, um so die Schattierungen der Gesichtszüge aufzunehmen. Mit dieser Technik entsteht eine rudimentäre und unvollkommene Kopie. Die abgebildete Person offenbart sich in diesem Prozess und verschwindet zugleich. Das, was wir sehen, ist gewissermassen ihr Phantom und in ihm wird das Vergehen der Zeit sichtbar.

Das Lesen von Marie José Burkis Schriftzügen in Neon ist vom simultanen Sehen untrennbar. Die zuvor von Hand in einem Zuge mit Bleistift auf Papier geschriebenen Sprachbruchstücke stammen aus literarischen Quellen. Repetitiv reiht sie Wörter wie bei “wordswordswords” (2014) aneinander. Die Antwort von Shakespeares Hamlet an den königlichen Ratgeber Polonius auf dessen Frage, was er lese, prägt sich zuerst als Bild der dreifachen Wiederholung des Wortes “words” ein. Erst auf einer zweiten Ebene erschliesst sich uns die Bedeutung, die es im Stück von Shakespeare haben kann.

Marie José Burki leuchtet die Zwischenbereiche und Hohlräume jenseits des Sichtbaren aus. Im Spiel zwischen Variationen, geringfügigen Verschiebungen und Verlagerungen bringt sie eine Dynamik in Gang, welche die Bewegung der Zeit spürbar macht. Ihr Werk schafft ein Bewusstsein davon, wie wir uns zu unseren und den Bildern der Welt verhalten, um auf diese Weise mit der medialen Überflutung umgehen zu können.

Die gebürtige Bielerin Marie José Burki lebt und arbeitet in Brüssel. Sie hat ein Diplom der Ecole supérieure des beaux-arts de Genève und Französische Literatur und Geschichte an der Universität von Genf studiert. Ihre Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen präsentiert, wie an der documenta IX, Kassel (1992); Helmhaus, Zürich und CRAC, Sète (2007); Maison Rouge, Paris und MACRO, Rome (2012); Aargauer Kunsthaus, Aarau (2014); Fonds d’art contemporain, Genf (2016).

Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Centre régional de la photographie, Douchy-les-Mines, Frankreich und dem Calouste Gulbenkian Museum, Lissabon, Portugal.

Kuratorin der Ausstellung: Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart

Eine reichbebilderte Publikation mit Texten von Alain Cueff, Muriel Enjalran und einem Interview durch Felicity Lunn erscheint im Verlag für moderne Kunst (ENG / DT / FR).

Öffnungszeiten Mi-Fr 12 – 18 Uhr, Do 12 – 20 Uhr, Sa/So 11 – 18 Uhr

L’artiste de renommée internationale Marie José Burki (*1961, CH; vit et travaille à Bruxelles) met en évidence, dans une première grande rétrospective, la relation entre image, parole, narration, identité et temporalité. Par le biais de la vidéo et de la photographie, elle questionne et déchiffre les codes visuels des images qui nous entourent au quotidien et qui influencent notre interprétation du monde. Ses vidéos montrent des scènes apparemment dénuées de sensationnel: une jeune femme se prélassant au soleil ou des individus autour d’un pique-nique convivial. Ce sont des instants figés dans le temps, des impressions passagères d’un présent éternel. Par l’insertion de bandes sonores et de structures dramaturgiques, Marie José Burki éveille habilement nos doutes quant à cette réalité représentée. Son langage imagé succinct transmet de manière sobre, ironique, voire insolite l’impression d’une dimension cachée. Cantonnés dans l’artificialité des images, les protagonistes nous permettent de saisir notre rôle, entre complicité et voyeurisme. Par l’ajout de sa vidéo la plus récente “Un chien sur la route, au passage du promeneur” (2017), créée entre autres pour le Centre d’art Pasquart, l’ensemble des œuvres sélectionnées englobe vingt-deux années de sa production.

Marie José Burki questionne à travers son écriture photographique et filmique les notions de durée et de sujet, et interroge comment saisir dans le flux de la durée l’identité des êtres et des choses. Par la juxtaposition de plans rapprochés ou lointains, l’installation vidéo “Un chien sur la route, au passage du promeneur” montre une jeune femme dans des intérieurs. Nonchalante et languissante, elle ne se laisse pas perturber par la projection d’images de paysages urbains. Les passages successifs d’un intérieur à un extérieur évoquent un instant indéfini entre statisme et mouvement, entre la suspension et l’écoulement du temps. Marie José Burki ne cherche cependant pas à faire le portrait d’une femme. La protagoniste est plutôt une abstraction, un point traversé par les événements du monde. Au fur et à mesure que la vidéo avance, l’identité de la femme devient de plus en plus irréelle. Le doute se répercute sur notre regard qui s’égare lentement et ne parvient plus à distinguer si une seule et unique femme est représentée ou si elles sont plusieurs. Sollicitant à la fois l’usage de l’ouïe et de la vue, Marie José Burki lie différents niveaux d’écoute et fait prévaloir le son sur l’image. Les trois vidéos forment finalement une unité et se présentent comme une étude du quotidien, sans pour autant raconter une histoire.

Dans le film “Grosse kleine Welt” (2013), Marie José Burki relie langage et image en combinant des séquences vidéo à des extraits du roman éponyme de Robert Walser. Une voix off lit le livre de Walser et décrit son parcours à travers son pays natal qui a su rester, contre toute attente, d’une pureté inaltérée. La réalité documentée à travers la vidéo se tient toutefois en contradiction avec l’idylle décrite et dépeint une triste situation d’habitations génériques déposées au fond d’une vallée. Par l’imbrication de l’immédiateté de l’image avec le langage ouvrant un espace poétique lointain, des tensions apparaissent, caractéristiques des vidéos de Marie José Burki.

Les diptyques photographiques montrés dans l’exposition, tel que “Sans titre” (NYC) (2004), captent un instant représentant deux détails de personnes ou de scènes presque identiques, mais toutefois séparés d’un court laps de temps. La photographie, pouvant être considérée comme un médium qui saisit notre monde, devient un instrument par lequel notre réalité est examinée telle une abondance d’instantanés, résidant à la fois dans l’émergence et l’effondrement. Les œuvres “Sans titre” (2016) et “Ici et là” (2016) interrogent le décalage entre apparition et dissipation. Le regard est immobilisé et amené à contempler l’image, à la parcourir dans toutes les directions. Le sujet floral peut alors paraître banal. En contrepoint aux images sombres, l’artiste a produit deux images très claires – “Sans titre” (Ostende) (2016) et “Sans titre” (White Sand) (2016). À la limite du visible, les corps photographiés disparaissent sur le blanc. Ils deviennent des fantômes perdus sur la surface du papier.

Les œuvres sur papier ont gagné en importance ces dernières années, perdant ainsi leur statut secondaire d’ébauches et d’esquisses de vidéos. Pour les frottages “Sans titre” (1999 – 2014), l’artiste s’est basée sur des portraits de sa fille. Après avoir mouillé ces photographies, elle a appliqué des feuilles de papier sur celles-ci, faisant apparaître ainsi les dégradés des traits du visage. Cette technique résulte en une copie rudimentaire et inachevée. La personne représentée est à la fois révélée et dissimulée par ce procédé. Ce qui est visible est d’une certaine manière son fantôme et, à travers lui, l’évidence du passage du temps.

La lecture des néons de Marie José Burki est indissociable de la vue synchrone. Les mots, écrits sans lever le crayon du papier, sont extraits de sources littéraires. L’artiste aligne répétitivement des mots, tel que dans “wordswordswords” (2014). La réponse du personnage Hamlet de Shakespeare au conseiller du roi Polonius, lui demandant ce qu’il lit, se grave d’abord visuellement dans notre esprit comme une triple répétition du mot “words”. C’est seulement à un second niveau de lecture que nous apparaît la signification qu’il peut avoir dans l’œuvre de Shakespeare.

Marie José Burki éclaire les espaces intermédiaires et creux au-delà du visible. Par des jeux de variations, de légers déplacements et des superpositions, elle tente d’enclencher une dynamique qui rend visible le mouvement du temps. Son œuvre suscite une prise de conscience sur la façon dont nous nous comportons à l’égard des images de nous-même et de celles du monde, nous permettant ainsi de faire face à la submersion médiatique.

L’artiste d’origine biennoise Marie José Burki vit et travaille à Bruxelles. Elle a obtenu un diplôme en arts visuels à l’Ecole supérieure des beaux-arts de Genève, ainsi qu’une maîtrise universitaire en littérature française et histoire de l’Université de Genève. Ses œuvres ont été présentées dans de nombreuses expositions telles que: documenta IX, Kassel (1992); Helmhaus, Zurich et CRAC, Sète (2007); Maison Rouge, Paris et MACRO, Rome (2012); Aargauer Kunsthaus, Aarau (2014); Fonds d’art contemporain, Genève (2016).

L’exposition est le fruit d’une collaboration avec le Centre régional de la photographie, Douchy-les-Mines, France, et le Calouste Gulbenkian Museum, Lisbonne, Portugal.

Commissaire de l’exposition: Felicity Lunn, directrice Centre d’art Pasquart

Une publication riche en illustrations avec des textes de Alain Cueff, Muriel Enjalran et une interview avec Felicity Lunn paraît aux éditions Verlag für moderne Kunst (ANG / ALL / FRA).

heures d’ouverture Me-Ve 12h – 18 h, Je 12h – 20h, Sa/Di 11 – 18h

www.pasquart.ch

Location:
Kunsthaus Centre d’art Pasquart
Seevorstadt 71 Faubourg du Lac
2502 Biel/Bienne
Switzerland

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