Exhibition

in Zürich / Switzerland
24.03.2023 - 15.04.2023 00:00
Salon de Printemps - Patricia Bucher, Andrea Ehrat, Marc Elsener, Germann Lorenzi, Karoline Schreiber

Ausstellungen, in denen unterschiedliche künstlerische Auffassungen miteinander ins Gespräch kommen, sind stets prickelnd. Der zweite “Salon de Printemps” bei sam scherrer contemporary ist überdies noch zusätzlich angereichert mit Spannung und Virtuosität, da die KünstlerInnen vor Ort ein gemeinsames Wandbild gestalten. Wer steuerte wohl welchen Beitrag zu dem kollektiven Vorhaben bei? Wie wirken die einzelnen AkteurInnen zusammen und aufeinander ein? Im Moment ist es noch ein Geheimnis. Deshalb folgen hier zuerst einige Anhaltspunkte zum Kennenlernen der einzelnen Positionen:

Für ihre Bilderzählungen bedient sich Patricia Bucher einer der postmodernen Architektur nachempfundenen Bildsprache. Sparsam setzt sie die Linien aufs Blatt. Einige fügen sich zu geschlossenen Flächen, die sie mit unterschiedlichen Grautönen ausfüllt. Es entstehen piktogrammartige Gestalten, die miteinander agieren. Manche dieser Wesen wirken menschenähnlich, andere schildkrötenartig. Buchers Momentaufnahmen entführen uns in den bunten Kosmos der Kunstwelt. Wir sehen Pinsel, die malen. Augen, die gucken. Hälse, die sich strecken. Wir sehen aber auch AkteurInnen die aufeinandertreffen, argumentieren, sich in kontroverse Meinungen verstricken. Die einzelnen Blätter reihen sich aneinander als wäre es eine Folge von Schnappschüssen. Jedes Blatt hält augenzwinkernd eine kleine Episode einer kommunikationsfreudigen Interaktion fest.

So wie bei Patricia Bucher wird auch bei Andrea Ehrat eine fluide Realität sichtbar gemacht. Ehrat arbeitet vorwiegend dreidimensional. Bevorzugt arbeitet sie mit Gips. Das Material lässt sich leicht formen, im kontinuierlichen Prozess verändern, die entstandenen Elemente zu neuen Kompositionen ordnen. Die aus Körperteilen arrangierten Gestaltungen wirken zart und zerbrechlich. Etwas Unsicheres, Tastendes eignet ebenso den mit Nadel und Faden gestickten Figurenfragmenten. Zusammen mit Ehrats ProtagonistInnen stehen denn auch latente Fragen nach der Fragilität des Lebens im Raum. Tatsächlich interessiert es die Künstlerin, die Emotionen und Abgründe der Menschen zu erforschen und ihnen eine visuelle Sprache zu geben. Der Leib dient ihr als Instrument, die menschlichen Affekte in ihrer ganzen Unruhe und Zwiespältigkeit zu kommunizieren.

Marc Elsener seinerseits ist ein Meister der Miniaturmalerei. Seine Bilder sind reich an Erzählung. Auf kleinstem Raum verbergen sich tausend Kleinigkeiten. In Last-of-the-Analog-Natives sind Stadt und Land längst zu einer Einheit verschmolzen. Himmel und Erde über einen blühenden Baum miteinander verlinked. Eigenwillige Zeitgenossen bevölkern den Landstrich. Zu diesen zählt ebenfalls der gestylte Bürolist, der unter der Baumkrone auf dem Drehstuhl sitzt und mit Lupe und Pinsel hantiert. Im Miniaturformat erzählt Elsener Begebenheiten aus dem Alltag, oft verdichtet, manchmal skurril verfremdet. Obwohl Elseners Malweise Assoziationen an altmeisterliche Gemälde, an naive Bauernmalerei oder an die Art Brut evoziert, geht es dem Künstler nicht um Nachahmung. Zwar erfährt die historische Malkunst in Elseners sorgsamen Malerei eine Art Comeback. Doch die Inhalte sind von Heute. Die humorvoll und sozialkritisch beleuchteten Obsessionen auch. Zudem zerbricht die Idylle in den liebevoll gepinselten Wimmelbildern …

In Monica Germann und Daniel Lorenzis Arbeiten auf Papier verschwinden die Dinge aus dem Bildgeviert. Stattdessen schieben sich geometrische Formen in den Fokus. Parallele Linien, Farbverläufe und Glanzlichter modellieren Strukturen, die sozusagen zu dreidimensionalen Objekten mutieren. Scheibenförmige, sich überlappende Elemente drängen auf die Bildfläche. Über einer räumlichen Tiefe schweben mondförmige Teile. Eine serielle Anordnung abgerundeter Formen ragt optisch aus der Bildfläche. Im Gegensatz zu früheren Zeichnungen, in denen das Künstlerpaar der Klangwelt nachspürte und in einem Mix von Comic und Pop-Art die Werkzeuge der Musik- und der Kommunikationsindustrie zur Anschauung brachte, führen die mit pastellfarbener Tusche ausgeführten Arbeiten ins Reich der reinen Abstraktion. Dynamik, Rhythmus, Plastizität und Monumentalität des geometrischen Vokabulars verdrängen jede erzählerische Funktion. Die Kompositionen zielen auf Schönheit, Perfektion und Vollendung

“New Identity” ist der Titel einer kleinformatigen Malerei von Karoline Schreiber. Es zeigt auf schwarzem Grund bunte Farbflecken, die wie Ballone nach oben schweben. Schreiber nutzt die Freiheit, die die Qualität des automatischen Zeichnens mit sich bringt, um frei von ästhetischen Vorgaben fabulieren zu können. Ohne Annahme wie etwas zu sein hat, folgt sie einer Idee, einem Geistesblitz. Quasi ungebremst gibt sie sich dem Sog hin, der von einer kleinen alltäglichen Beobachtung ausgeht. Sie vertraut auf ihre Intuition und lässt den Pinsel fliessen. Es entsteht ein so ernsthaftes wie vielschichtiges Universum, dessen Darbietungen lässig pendeln zwischen der Darstellung merkwürdig anarchischer Wesen, absurder Anekdoten und heiteren malerischen Abstraktionen.

Dr. phil. Kathrin Frauenfelder, Kunsthistorikerin, Zürich, im Februar 2023

Biografien
Patricia Bucher studierte in Zürich und New York Bildende Kunst. 2001 schloss sie ihr Studium mit Auszeichnung ab und ist seither als Künstlerin tätig. Sie hat diverse Stipendien und Preise erhalten. Unter anderem wurde sie 2011 mit dem Manor Preis Zentralschweiz ausgezeichnet. In den letzten Jahren hat Patricia Bucher ein umfangreiches Werk geschaffen, das sich mit Konstruktion, Zeichen, Semantik und Sprache auseinandersetzt. Innerhalb eines Bezugsrahmens agiert sie durch wechselseitige Verweise und hat so ein komplexes Zeichensystem entwickelt, das mal rein grafisch, mal mythisch daherkommt und eine Anzahl kleiner Anekdoten und Geschichten bereithält. Sie hat ihre Arbeiten international in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Unter anderem sind sie in den Sammlungen der Stadt und des Kantons Zürich vertreten, sowie in der Sammlung des Aargauer Kunsthaus.

Andrea Ehrat lebt in Zürich, seit 2003 zudem mit regelmässigen längeren Aufenthalten in Marseille. Sie hat an der ZHDK studiert und arbeitet seit 1993 als freischaffende Künstlerin. Erste öffentliche Aufmerksamkeit für ihre künstlerische Arbeit erlangte sie mit ihren Experimentalfilmen ab 1995, mit denen sie an verschiedene internationale Festivals eingeladen wurde. Seit 2006 widmet sie sich hauptsächlich den Medien Plastik, Zeichnung und Stickerei. Ihre Werke wurden in verschiedenen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt und sind in diversen Sammlungen vertreten.

Marc Elsener studierte im 2. Bildungsweg bildende Kunst an der Falmouth University of Arts in Cornwall, England, an der Academy of Fine Arts in Katowice, Polen sowie an der ZHDK in Zürich. Kunststipendien erhielt er von der Stadt Zürich, dem Kanton Zürich sowie der Eidgenossenschaft. Seine Werke sind in namhaften Sammlungen vertreten sowie in zahlreichen privaten Sammlungen. Er konnte ausserdem einige Publikationen veröffentlichen.

Monica Germann & Daniel Lorenzi haben an der Zürcher Hochschule der Künste studiert. Sie arbeiten kollaborativ in den unterschiedlichsten Medien und Formaten. Zahlreiche Ausstellungen haben ihr Werk dem schweizerischen und internationalen Publikum nähergebracht. In den letzten Jahren hatten sie Atelierstipendien in Berlin (2013) und New York (2016). Ihre Werke sind in Sammlungen vertreten. Monica Germann und Daniel Lorenzi leben in Zürich.

Karoline Schreiber lebt und arbeitet in Zürich. Ihre Zeichnungen und Performances werden in zahlreichen Ausstellungen und Institutionen gezeigt, so u.a. in Einzelausstellungen 2019 im Haus für Kunst Uri und 2016 in der Stadtgalerie Bern und im Centre Culturel Suisse in Paris. Die Künstlerin wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit einem Werkbeitrag des Kantons Zürich 2021. Ihr Werk wurde in mehreren Publikationen veröffentlicht, so zum Beispiel in der Monografie “Fingers like Toes” im Rahmen der Binding Sélection d’Artistes.

Öffnungszeiten Do/Fr 14 – 18 Uhr, Sa 14 – 16 Uhr
Montag – Mittwoch nach telefonischer Verabredung

Ausstellungsdauer 24.03. – 15.04.2023

www.samscherrer.ch

Location:
sam scherrer contemporary
Kleinstrasse 16
8008 Zürich
Switzerland

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