Exhibition
in Brugg / Switzerland
- Lea Schaffner: Aus dem Kopf, From the Head (by Heart), 2022, 2-Kanal Videoinstallation, 17:00, Loop, Sound, Foto Andri Stadler
- Ursula Baumberger: Ohne Titel, 2016, Relief aus Karton, Leintuch, Dispersion, 60 x 60 cm, Foto Peter Baumberger
Mit dem Format “Zimmerei” öffnet das Zimmermannhaus seine Räume in loser Folge für jeweils eine Woche lokalen Kunstschaffenden und speziellen Projekten. Das Haus für zeitgenössische Kunst in Brugg schafft so die Möglichkeit, Haltungen und Arbeitsweisen in professionellem Rahmen und grosszügigen Räumen öffentlich zu präsentieren. Das Zimmermannhaus wird zum Ort der Begegnungen und zur offenen Werkstatt auf Zeit. Das Format “Zimmerei” offeriert Einblicke in die lokale Kunstproduktion und führt KünstlerInnen und Projekte aus der Umgebung mit einem breiten Publikum zusammen. Die jeweiligen Kunstschaffenden sind vor Ort anzutreffen, Raum zum Verweilen steht bereit. Austausch erwünscht!
Vom 6. – 14. Mai beleuchtet Lea Schaffner (*1989 in Brugg, aufgewachsen in Hausen) in ihrer Videoinstallation “Aus dem Kopf, From the Head (by Heart)” die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt Königsfelden und einen in der Nachkriegszeit angewandten Eingriff im Hirn. Den Fokus legt sie dabei auf die Frage nach dem Archivieren von Erinnerung. Parallel dazu stellt Ursula Baumberger (*1942 in Zürich, wohnt und arbeitet in Umiken) ihre weissen Reliefbilder aus und zeigt, wie diese entstehen. Die beiden Künstlerinnen sind während der ganzen Ausstellungsdauer vor Ort und freuen sich auf Begegnungen mit Interessierten.
Lea Schaffner befasst sich mit dem Geschichtenerzählen. Dabei stehen Formen des Erinnerns, des Wiedererinnerns und des Fabulierens im Fokus. Oftmals befasst sich die Künstlerin mit Lücken und Leerstellen in der Geschichte und interessiert sich vor allem für die Kraft und Aktivierung von eigenwilligen und widerständigen Narrativen. Mit Video- und Audioinstallationen erprobt Schaffner unterschiedliche Erzählformen und verwebt Fakten mit Fiktion. Sie erforscht in ihrer Praxis Möglichkeiten etablierte, patriarchale und tiefsitzende Wahrheitssysteme zu hinterfragen und zu dekonstruieren. Für ihre 2022 entstandene Videoinstallation “Aus dem Kopf, From the Head (by Heart)” befasste sich Schaffner mit dem neurochirurgischen Eingriff der Leukotomie, bei der die Nervenbahnen zwischen Zwischenhirn und Stirnhirn sowie Teile der weissen Substanz durchtrennt werden. In der Nachkriegszeit wurde diese Methode – die oft starke Nebenwirkungen verursachte und zu extremen Persönlichkeitsveränderungen führte – auch in der Schweiz, u.a. in der ehemaligen Heil-und Pflegeanstalt (heute PDAG) in Königsfelden im Kanton Aargau angewandt. Der Fokus ihrer Videoarbeit bilden denn auch Aufnahmen in Königsfelden und Archivmaterial. Schaffner versucht den Geheimnissen dieser Methode auf die Spur zu kommen und stösst auf Ordnungssysteme, die sich auf diversen Ebenen abzeichnen.
Lea Schaffner lebt und arbeitet in Zürich und hat 2017 den Master of Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste abgeschlossen. Ihr Bachelorstudium hat sie ebenfalls an der ZHdK in der der Vertiefung Mediale Künste absolviert und zuvor besuchte sie den Gestalterischen Vorkurs in Aarau. Seit ihrem Abschluss ist sie in diversen Ausstellungen in Kunsträumen vertreten und wurde 2020 mit dem Credit Suisse Förderpreis anlässlich der Auswahl 20 im Aargauer Kunsthaus ausgezeichnet. 2022 erhielt sie ein Werkstipendium des Aargauer Kuratoriums.
Lea Schaffner ist ebenfalls als Kuratorin tätig. Von 2016 bis 2020 leitete sie mit sieben Freund*innen die Raum//Station in Zürich. Beispielsweise kuratierte Schaffner 2020 die Gruppenausstellung “All The Feels!” in Zürich oder gemeinsam mit Philip Ullrich und Maria-Cecilia Quadri zwischen 2016 und 2022 die Reihe “Digitale Narrationen”.
Ursula Baumberger (wohnt und arbeitet in Umiken) arbeitet in den 70-er Jahren zunächst mit Positiv-/Negativ-Schnittbildern und Scherenschnitten und vertieft so die räumliche Gestaltung auf weissem Grund in ihrer Arbeit. Später walzt sie den Hintergrund farbig ein. In den 80-er Jahren entdeckt sie für sich die lasierende Malerei mit Eitempera, die ein durchscheinendes, leichteres Farbspiel ergab. Seit 1997 entstehen ihre Reliefs, ausschliesslich in Weiss. Mit dieser zusätzliche Reduktion stellte sie sich eine neue Aufgabe: Wie bringe ich Bewegung, Spiel mit Licht und Schatten, in eine weisse Fläche? Es beginnt ein ausführliches Experimentieren und Ausloten immer neuer gestalterischer Möglichkeiten. Die selbst entwickelte, komplizierte Technik mit dickem Karton, Leintuchstoff und Dispersion verfeinert und optimiert sie stetig. Nach jahrelangem Arbeiten mit Farben faszinieren sie in ihren weissen Reliefs vor allem die klaren Linien im Licht- und Schattenspiel. Diese Herausforderung, Dynamik zu schaffen, reizt sie: je nach Lichteinwirkung verändert sich das Bild. Ursula Baumberger sucht in ihren Arbeiten nach Klarheit, Ruhe und Schlichtheit; ein ständiges Ringen um einfache, gültige Linien, um Intensität und Spannung.
Ursula Baumberger wird 1942 in Zürich geboren und wächst in einer Architektenfamilie auf. Sie besucht die Kunstgewerbeschule Zürich und macht danach an der Schule für Soziale Arbeit in Zürich die Ausbildung zur Sozialpädagogin. Während vieler Jahre besucht sie Weiterbildungen im Aktzeichnen bei Roland Thalmann und Peter Grenacher in Zürich. Sie arbeitet während rund 25 Jahren mit psychisch und geistig behinderten Frauen. Auch während der Elternzeit (drei Kinder) setzt sie – ermutigt u.a. durch Eva Wipf – ihr künstlerisches Schaffen fort. Ab 1974 beschäftigt sie sich in ihrer Arbeit mit Positiv-/Negativ-Schnittbildern, ab 1985 malt sie Bilder in lasierender Eitempera. Seit 1997 entstehen ihre Reliefs in Weiss. Diese selbst entwickelte, komplizierte Technik mit dickem Karton, Leintuchstoff und Dispersion verfeinert und optimiert sie seither stetig.
Öffnungszeiten Mi-Fr 14.30 – 18 Uhr, Sa/So 11 – 16 Uhr
Die Künstlerinnen sind vor Ort: jeweils Sa–So 14 – 16 Uhr und Mi, Do, Fr 14.30 – 18 Uhr
Ausstellungsdauer 06.05. – 14.05.2023
Location:
Zimmermannhaus Brugg / Kunst & Musik
Vorstadt 19
5200 Brugg
Switzerland